THE CREW – Folge 783 U-Mann


Auf großem Fuß zu leben, könnte auch ganz negative Assoziationen wecken, doch die sind bei einer Schuhgröße 50 völlig deplatziert. Das kostet dem Neuhallenser eher die ein oder andere Extraüberstunde in der Backstube, um gut besohlt durchs Leben zu kommen. Dabei fällt mir auf, dass sich Halle langsam zum heimlichen BTF Hotspot entwickelt. Wie kommt den so was? Was nicht nur für den Hallenser Teil unserer Crew ein absolutes Muss ist, sind die veganen Burger der Kombi. Es gibt beinahe kein Crewmitglied, welches wir in diesen Features vorstellen, die für einen kurzen Happen zwischendurch nicht diesen Stand ansteuert. So verschieden die Geschmäcker in Sachen Getränke auch sind, beim Essen scheinen sich alle einig und das Lob einhellig.

Egal, zurück zu unserem badebegeisterten U-Mann. Der stand wahrscheinlich Campino & Co Pate, als die 2018 nach ihrer Show im Dresdner Harbig-Stadion im benachbarten Arnhold-Bad die Puppen tanzen ließen und denen danach ein öffentlicher Rüffel zu Teil wurde. Das da auch die BTF Cateringcrew nicht ganz unbeteiligt war, lasse ich hier einfach unter den Tisch fallen. Wer diese Geschichte hören will, sollte sich den Auftritt von Valy & The Vodkas nicht entgehen lassen ;-). Auch unser lieber U-Mann kassierte vor Jahren einen Badverweis – der Grund: Nachtbaden! Allerdings in unserem Waldbad und nach einem wirklich legendären Auftritt am Bierwagen. Seit 2003 gehört U-Mann zum BTF Wanderzirkus, aber erst seit 2016 zur festen Crew. Sein Einstieg war schon ein Jahr eher geplant, doch damals kam ein kaputtes Sprunggelenk (Getränkeunfall?) dazwischen. Zum Glück macht es aktuell nicht den Eindruck, dass irgendwer zeitnah in diese Fußstapfen treten muss. Wer sollte das überhaupt können?

BTF: Dein Lebensmittelpunkt lag bis 2021 in Zobersdorf. Bei den etwas älteren BTF Besuchern klingeln sofort die Ohren. 1995 war das brandenburger Dörfchen in den Schlagzeilen. Punker randalierten am Rande eines 2-Tage Konzertes. Freitag läuft zumindest das Konzert noch in geordneten Bahnen. Paranoises eröffnen den Reigen im Dorfgasthof, danach Dritte Wahl (noch heute wird der Typ gesucht, der den Auftritt mit der Frage „Wie haben die Clubschweine heute gespielt?“ unterbrach), Dödelhaie und Daily Terror. Nur Pedder wird unruhig. „Wenn jetzt nicht bald ein Kasten Bier auf der Bühne landet, brechen wir das Konzert ab!“. Vor der Tür gingen derweil die Gartenzäune der Nachbarn in Flammen auf. Die Lagerfeuer brauchten Nachschub. Irgendwann tauchten Hubschrauber über dem beschaulichen Dorf auf und ihnen folgten die hier und im Allgemein auch, langsam wieder Überblick gewinnenden Polizisten. Mit dem Schlagstock in der Hand verkündeten die Einsatzkräfte, dass dem Treiben ein Ende gesetzt wird und das Brandenburger Innenministerium bereits Tag 2 verboten hat. Da sollten Müllstation und Schleimkeim aufspielen. Beruhigen konnte man die Stimmung damit natürlich nicht und Dutzende Konzertbesucher wanderten in die GeSa.

Deine Punkrock Karriere begann genau an der Stelle und mit sehr jungen Jahren. Als Steppke konntest du mit deinem Klappi schon einen Komparsenjob in einem reißerischen RTL Bericht über die etwas entglittene Party ergattern. Welche Geschichten werden den heute von diesem Wochenende im Dorf erzählt und wie hallte das Geschehene bei dir nach?

U-Mann: Oh ha. Das ist jetzt etwas sehr weit ausgeholt. Aber wo du recht hast ... Es waren auf jeden Fall sehr prägende Jahre und wie man jetzt schon raushören kann, dreht es sich hier nicht nur um dieses eine ereignisreiche Wochenende. Ich war Mitte der 90´er Jahre oft vor den Konzerten (ja, es gab nicht nur dieses eine) bei den Soundchecks der Bands zugange, da die eigentlichen Konzerte leider zeitlich für mich noch in weiter Ferne lagen. Erzählt wird über dieses Wochenende eigentlich im Ort gar nichts mehr. Ich glaube da gibt es z. Z. andere wichtige oder weniger wichtige Themen.

BTF: Du teilst das Leid vieler unserer Crewmitglieder. Mit dem Virus der Subkultur schon in jungen Jahren infiziert, aber fristest ein trostloses Leben auf dem Land ;-). Fernab von Klubs und Szeneschickeria. Wie bist du im näheren Umfeld connected und wie sieht dein Rezept gegen den Landfluchtblues aus?
U-Mann: So viel Landfluchtblues gibt es da eigentlich gar nicht. Ab 2000 gab es dann wieder zahlreiche Konzerte und auch Independent Partys in Zobersdorf. Unter anderen mit Bands wie Dritte Wahl, Fuckin Faces, Sondaschule oder unvergessen Bunte Trümmer 2002. Langweilig wurde es da nie. Eigentlich gab es damals eine recht gute Szene bei mir in der Gegend. Mit diversen Hardcore und Punk Konzerten in Jugendclubs wie Thalberg, Prestewitz oder auch das Jugendhaus Regenbogen in Bad Liebenwerda. Kurze Reiseziele waren aber auch immer der Brückenkopf in Torgau, die Kombi in Nünchritz oder auch das Jugendhaus in Riesa. Am liebsten war ich und bin ich aber immer noch in Finsterwalde, wo ich mir über viele Jahre einen großen und wichtigen Freundeskreis aufgebaut habe.

BTF: Nach über 40 Jahren Zobersdorf kehrst du dem Brandenburgischen nun doch den Rücken. Halle entwickelt sich zu einem echten BTF Crew Hotspot. Was kann Halle von dir erwarten?
U-Mann: Ich werde auf jeden Fall versuchen hier in der Szene aktiv zu werden. Erste Kontakte sind da schon geknüpft. Alles Weitere bringt die Zeit... und wenn ich nur besoffen hinterm DJ Pult einpenne lach

BTF: Du lebst auf großem Fuss. Warum bist du nicht Leistungsschwimmer geworden?
U-Mann: Ja, mit ner Schuhgröße von 50 lebe ich irgendwie schon auf großem Fuß. Aber auch nur was meine Füße betrifft. Ansonsten sehe ich mich da eher ganz bodenständig. Eine Karriere als Traubentreter bei der Weinernte habe ich trotz meiner großen Füße aber zum Glück nie angestrebt. Und zum Thema Leistungsschwimmer? Auch wenn ich ein wenig aussehe wie Bud Spencer, schienen mir diese Fußstapfen doch ein wenig zu Groß. Schwimmen zählt aber trotzdem zu meinen wenigen sportlichen Aktivitäten. Nur ohne den Leistungsdruck.